Es war an der Zeit nach Hause zu fahren. Ich hatte mit Zeus einige Tage bei meiner Tante verbracht und stand nun am Bahnsteig. Der Zug fuhr ein, meine Tante verabschiedete sich und ich schnappte meine Tasche und den Katzenbeutel. Es war zwar schon 18:00 Uhr aber noch ziemlich sonnig, daher setzte ich mich an eine 4er Tischgruppe und öffnete das Fenster.
Es dauerte nicht lange, da setzte sich ein junger Mann an den Tisch. Er grüßte freundlich und zog sein Buch aus der Tasche. Der Zug fuhr dahin. Es war schön die vorbeiziehende Landschaft zu betrachten, Dörfer, Wälder und Flüsse zogen an uns vorbei. Nach einer Weile stieg der Mann aus, Zeus hächelte ein wenig, es war seine erste Zugfahrt, dafür schlug er sich tapfer. Unter den neuen Fahrgästen war ein asiatisch aussehender junger Mann, in seiner Hand trug er eine seltsam aussehende Erfindung. Er setzte sich mir gegenüber und legte sein Modell auf den Tisch. Ich betrachtete den Apparat genauer. Er bestand aus einer sechseckigen Fläche, die auf Beinchen stand. Hinten war eine Linse, die mit einer Art Schnüren umspannt war und am anderen Ende befand sich eine Prisma.
Ich fragte den Mann, ob es sich um eine Kamera handelte. Nein, meinte er. Das ist ein 3-D Drucker, dann erklärte er mir das Prinzip. Ich hörte ihm gespannt zu. Nach einer Weile fragte ich ihn woher er komme, aus China antwortete er, betonte aber, dass er Christ sei. Ich wollte wissen wie es ihm in Deutschland gefiel. Gut gefiel es ihm, er mochte Land und Menschen und auch die Freiheit, die man bei uns hatte. In China sei alles digitalisiert, man habe dort kein Privatleben. Wir wurden still, ich musste an die Nachrichten aus Shanghai denken, die schreienden Menschen und das Töten der Haustiere bei Verdacht auf Corona.
Er sah mir meine Bedrückung an als ich auf meinen nun schlafenden Kater schaute. Es ist eine schwierige Zeit sagte ich, er nickte. Glaubst du an Gott, fragte er. Ich war mir nicht sicher, ob ich es so nennen will, aber an ein höhere Macht glaube ich. Er meinte, ich solle keine Angst haben, Jesus habe sich für uns geopfert. Manchmal sei es notwendig Opfer zu bringen, um für seinen Glauben einzustehen. Wir nährten uns dem Bahnhof, auf einmal überkam mich eine Trauer als ich die grünen Wiesen und Wälder sah, wie grauenvoll es sein musste sie von heute auf morgen zerstört zu sehen. Ich versuchte die Bilder zu unterdrücken, die der Gedanke an Krieg in mir auslöste.
Der Zug fuhr am Bahnhof ein. Wir verabschiedeten uns und gingen in entgegengesetzte Richtungen. Ich konnte meine Tränen nicht zurückhalten. Als ich mit Zeus und meinem Koffer in die Bahnhofshalle lief, flog eine weiße Taube auf den Weg. Ich lächelte ein wenig wehmütig und wischte mir die Tränen aus den Augen. Ich war dankbar für die Menschen um mich herum, die Wälder unsere Tiere und unsere Freiheit. Ich lief durch den Bahnhof bis zur S-Bahn. Ich nahm die Maske ab und holte in paar Mal tief Luft, dann kam die S-Bahn.
Zuhause angekommen ließ ich Zeus aus seiner Tasche, er freute sich und tollte aufgeweckt umher. Ich gab ihm was zu Essen und machte mir ein Butterbrot. Mittlerweile war es finster geworden, wir spielten noch ein wenig und schauten aus dem Fenster. Zeus liebt es aus dem Fenster zu sehen. Der Himmel war voller Sterne und der sichelförmige Mond war rot gefärbt. Es wehte ein lauer Wind. Glaubst du an Gott, fragte ich mich immer wieder. Ich wußte es nicht, woran sollte man in Anbetracht der Tatsachen glauben?
Mein Telefon klingelte, meine Tante wollte wissen, ob ich gut angekommen sei. Alles bestens versicherte ich und berichtete ihr wie Tapfer Zeus gewesen war. Sie freute sich, dass es mir gut ging und verabschiedete sich. Ich war müde und legte mich ins Bett. Ich sah an die Decke und bat Gott mir ein Zeichen zu geben, das Fenster öffnete sich ein wenig weiter und auf der Decke erschien der Schatten eines Kreuzes. Ich bat ihn um göttliche Führung und darum meine Familie und mich zu beschützen, manchmal ist es schwierig an etwas zu Glauben wenn alle Zeichen dagegensprechen. Meine innere Stimme sagte mir, wir haben die Weisheit in uns wir müssen sie nur verstehen lernen.
Ich sah noch eine Weile aus dem Fenster, sendete positive Gedanken an die Welt, dann schlief ich ein.